Der Trend: Prozesse umdenken und auf Automatisierung setzen
Viele Kunden suchen den persönlichen Kontakt auf Fachmessen. Auch Igus freut sich auf die Präsenzmesse Motek 2021, denn die Gespräche auf den Messen haben immer auch eine andere Art der Qualität und Spontanität, sagt Michael Blaß, Geschäftsführer E-kettensysteme bei Igus, im Gespräch mit dem Messeveranstalter P. E. Schall.
Herr Blaß, wie wird sich aus Ihrer Sicht die Montage- und Handhabungstechnik als Herz der traditionellen industriellen Produktion in den nächsten Jahren verändern?
In vielen Bereichen findet gerade ein Boom statt, sodass schnelle Montage- und Handhabungstechnik immer wichtiger werden. Durchlaufzeiten reduzieren, Kapazitäten erhöhen, Produkte schneller einführen und die verfügbare Fläche effizient nutzen, das sind hier die großen Ziele. Dabei müssen die neuen Techniken immer schneller und gleichzeitig immer präziser werden.
Welche technologischen Entwicklungen müssen hierfür vorangetrieben werden?
Flexible Arbeitsplätze sowie ein hoher Anteil von automatisierten Anlagen werden in Zukunft die Montage- und Handhabungstechnik verändern. Dazu sind einfach zu bedienende, effiziente und intelligente Produktionsanlagen mit einem schnellen ROI gefragt.
Mit der Entwicklung der Leichtbau-Robotik hat die Welt der Produktion ein neues Gesicht bekommen. Welche Entwicklung beeindruckt Sie persönlich besonders?
Da wir selbst in unserem Unternehmen kostengünstige und leichte Kunststoff-Komponenten für Roboter herstellen, hat mich natürlich beeindruckt zu sehen, wie stark dieser Bereich vor allem auch im letzten Jahr der Pandemie gewachsen ist. Wir haben gemerkt, dass viele Unternehmen ihre Prozesse umdenken und auf Automatisierung setzen, die eben nicht kompliziert oder teuer sein muss, sondern auch kostengünstig und einfach sein kann. So finden Anwender bei uns bereits ab 5.000 Euro einen fertigen Robotergelenkarm mit fünf Achsen und integrierter Steuerung.
Inwieweit hat aus Ihrer Sicht die Pandemielage industrielle Prozesse und den Produktionsalltag verändert? Werden dies nachhaltig wirkende Veränderungen sein und die Krise überdauern?
Wir haben alle aus der Krise gelernt, wie wichtig es ist, flexibel die Prozesse umstellen zu können. So haben wir zum Beispiel die meisten unserer Mitarbeiter im März 2020 ins Homeoffice geschickt und über 250 Präventiv-Maßnahmen inklusive eines Impfzentrums eingeführt, um die Produktion weiter am Laufen zu halten. Unsere Mitarbeiter in der Produktion haben von Anfang an mitgezogen, wodurch wir ununterbrochen unsere Kunden weltweit beliefern konnten. Dieses flexible Arbeiten und schnelle Umstellen auf digitale Kommunikationsformen, wie es unsere Mitarbeiter im Homeoffice praktizieren, wird aus unserer Sicht nachhaltig die Arbeitswelt verändern. So bieten wir jetzt schon unseren Mitarbeitern die Möglichkeit auch weiterhin hybrid arbeiten zu können.
Inwieweit hat aus Ihrer Sicht die Pandemielage industrielle Prozesse und den Produktionsalltag verändert? Werden dies nachhaltig wirkende Veränderungen sein und die Krise überdauern?
In erster Linie hat die Pandemie wohl unsere Arbeitsweise verändert. Die Möglichkeiten digitaler Zusammenarbeit hat es ja schon lange gegeben, sie hätten aber nie in dieser Geschwindigkeit so eine flächendeckende Akzeptanz erhalten. Ich bin mir sicher, dass diese Erkenntnisse auch über die Krise hinweg bestehen bleiben und in unserem Arbeitsalltag neue Möglichkeiten schaffen. Zudem hat die Krise aber auch das Bewusstsein über den Wert lokaler Zulieferketten wieder in den Mittelpunkt gerückt. Hier wird sicher mit dem Wegfall der Restriktionen wieder ein Teil des Sourcing in Übersee stattfinden. Trotzdem glaube ich, dass die Risiken uns bewusster geworden sind und zumindest eine lokale Second Source für kritische Teile strategisch im Fokus bleiben wird.
Welche Maßnahmen oder Methoden halten Sie für besonders wirkungsvoll, um einer klimaneutralen Produktion näherzukommen?
Jedes Unternehmen sollte sich selbst und seine Prozesse infrage stellen und neue Lösungen für die größten Energietreiber suchen. Die Methoden und Maßnahmen sind dabei individuell zu betrachten, da jedes Unternehmen andere Stellschrauben für eine Einsparungen der Emissionen besitzt. Eine große Chance sehen wir in der Energierückgewinnung aus den eigenen Produktionsprozessen. Diese nutzen wir zum Beispiel auch bei uns in der Extrusion. Gleichzeitig ist es uns darüber hinaus wichtig, dass die in der Produktion verarbeiteten Werkstoffe stärker einer Circular Economy zugeführt werden. Hier gibt es derzeit neue Erfolg versprechende Verfahren. So haben wir unter anderem in das Start-Up Mura Technology investiert. Mit dessen HydroPRS Technologie wird dank Hitze, Wasser und Druck aus Plastik wieder nutzbares Erdöl. Die erste kommerziell betriebene Anlage wird derzeit in England errichtet.
Automation intelligence for production and assembly – Sie kennen die Motek/Bondexpo als herausragenden, traditionellen B-to-B-Marktplatz der industriellen Automatisierungsbranche. Wie wichtig erachten Sie für Aussteller und Fachbesucher eine Präsenzveranstaltung im Herbst 2021?
Ich denke, eine Präsenzveranstaltung würde uns allen ein Stück Alltag wiedergeben. Wir merken selbst wie viele Kunden den persönlichen Kontakt suchen und auch immer mehr – dank niedriger Inzidenzen – wieder eine Art Normalität einkehrt. Video-Chats und virtuelle Messestände sind zwar eine gute Lösung für die aktuelle Zeit und werden sicher auch nach der Pandemie häufiger als früher genutzt werden, jedoch haben die Gespräche auf den Messen immer auch eine andere Art der Qualität und Spontanität – und darauf freuen wir uns.