„Nachhaltigkeit beschäftigt die Afag schon lange“
Für Anita Renc, Chief Sales Officer der Afag Engineering GmbH, ist es wichtig, bei der Präsenzmesse Motek/Bondexpo 2021 live dabei zu sein und den wichtigen Dialog mit Kunden und Partnern wieder in Gang zu setzen. Außerdem spricht sie im Exklusiv-Interview mit P. E. Schall überTrends in der Montage- und Handhabungstechnik. Dazu gehören unter anderem mechatronische Produkte mit integrierter Mikro-Elektronik beziehungsweise Mikro-Mechanik sowie Embedded Elektronik, die entsprechende Software an Bord hat.
Frau Renc, Handlingsysteme für die Montage- und Handhabungstechnik sind das Kernthema von Afag und Herz der traditionellen industriellen Produktion. Geben Sie uns drei Stichworte, die die Entwicklung in diesem Bereich im Verlaufe der vergangenen zehn Jahre besonders geprägt haben.
- Elektrische Achsen mit Linearmotortechnologie, die eine wesentlich höhere Dynamik und präzisere Positionierung ermöglicht,
- kombinierte Dreh-Greif-Module mit der Möglichkeit des Endlosdrehens (keine Begrenzung des Drehwinkels),
- schnelle Transportsysteme mit höchster Positioniergenauigkeit
… und bitte drei Stichworte, die die Montage- und Handhabungstechnik in den nächsten zehn Jahren verändern werden.
Intelligente Module, die Gewinnung von verwertbaren Informationen aus gesammelten Daten sowie die Balance zwischen Innovation und wettbewerbsfähigen Preisen.
Welche technologischen Entwicklungen sind hierfür besonders wichtig vorangetrieben zu werden? Gibt es Hindernisse bzw. besondere Herausforderungen? Wenn ja, welche?
- Tendenz bzw. Trend zu mechatronischen Produkten mit integrierter Mikro-Elektronik bzw. auch Mikro-Mechanik.
- Embedded Elektronik, die entsprechende Software wie zum Beispiel regelungstechnische Algorithmen an Bord hat und die Produkte quasi autonom funktionsfähig macht.
- Ergänzend dazu spielen die – möglichst auf Echtzeit-Kommunikation wie Ethernet basierte – Busse wie OPC UA, OPC UA over TSN, AML etc. eine zunehmend wichtige Rolle.
- Die Iot-Fähigkeit von Produkten wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, und die Algorithmen, die aus Daten relevante Informationen für den Kunden generieren, sollten idealerweise bereits im Produkt integriert sein.
- Bei dynamischen Bewegungen wird zunehmend das Thema funktionale Sicherheit (zum Beispiel) an Bedeutung gewinnen, Achsregler müssen mehr und mehr entsprechende Fähigkeiten besitzen.
- Für Komponenten und Subsysteme werden in Zukunft neben 3D-CAD und CAE-Daten auch die digitalen Zwillinge bereitgestellt werden müssen, um den Kunden die virtuellen Inbetriebnahmen mit den entsprechenden Simulations-Tools zu ermöglichen.
- Die wachsende Abhängigkeit von Software bedingt ASAP-Konzepte, um die notwendige Cybersicherheit sicherzustellen, um sich gegen entsprechende Cyberangriffe nachhaltig schützen zu können.
Mit der fulminanten Entwicklung der Robotik hat die Montage- und Handhabungstechnik ein neues Gesicht bekommen. Welche Entwicklung beeindruckt Sie persönlich besonders?
Die Geschwindigkeit, in der diese Technologie an die technischen Notwendigkeiten und preislichen Möglichkeiten der Applikationen angepasst werden. Der Aufwand für die Einbindung dieser Technologien in die Projekte ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gesunken. Die Programmierung ist viel einfacher geworden, und die Unternehmen haben ihre Kompetenzen auf diesem Gebiet schnell ausgebaut. Universitäten bieten entsprechende Studiengänge an, und die jungen Ingenieure gehen dieses Thema mit Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit an. Ziel muss sein, dass Roboter oder Vision-Systeme in Zukunft nicht mehr von Programmierern programmiert, sondern durch die Monteure konfiguriert werden.
Inwieweit hat aus Ihrer Sicht die Pandemielage industrielle Prozesse und den Produktionsalltag verändert? Werden dies nachhaltig wirkende Veränderungen sein und die Krise überdauern?
In erster Linie hat die Pandemie wohl unsere Arbeitsweise verändert. Die Möglichkeiten digitaler Zusammenarbeit hat es ja schon lange gegeben, sie hätten aber nie in dieser Geschwindigkeit so eine flächendeckende Akzeptanz erhalten. Ich bin mir sicher, dass diese Erkenntnisse auch über die Krise hinweg bestehen bleiben und in unserem Arbeitsalltag neue Möglichkeiten schaffen. Zudem hat die Krise aber auch das Bewusstsein über den Wert lokaler Zulieferketten wieder in den Mittelpunkt gerückt. Hier wird sicher mit dem Wegfall der Restriktionen wieder ein Teil des Sourcing in Übersee stattfinden. Trotzdem glaube ich, dass die Risiken uns bewusster geworden sind und zumindest eine lokale Second Source für kritische Teile strategisch im Fokus bleiben wird.
Welche Maßnahmen oder Methoden halten Sie für besonders wirkungsvoll, um einer klimaneutralen Produktion näherzukommen?
Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt die Afag schon lange und wird auch derzeit wieder in einigen Projekten reflektiert. Klimaneutralität ist dabei nur einer der wichtigen Aspekte. So spielen nicht nur die ressourcenschonende und energieeffiziente Fertigung sowie klimaneutrale Gebäude eine Rolle. Wichtig ist zum Beispiel auch die Lebensdauer der Produkte. Wir haben zum Beispiel von einem Kunden gerade ein Transportsystem zur Überholung erhalten, das seit 30 Jahren einwandfrei funktioniert hat. Vielleicht hat es in der Anschaffung ein paar Euro mehr gekostet, aber dafür entfällt über die gesamte Lebenszeit ein entscheidender Anteil an Energie für die Neuproduktion und der entsprechende Aufwand für die Entsorgung. Und es gibt noch viele weitere Aspekte. Ich denke, wir müssen versuchen, dieses Thema ganzheitlich zu betrachten.
Sie kennen die Motek als herausragende, bewährte Fachmesse und als traditionellen B-to-B-Marktplatz der Montage- und Handhabungstechnik. Wie wichtig erachten Sie sowohl für Afag als auch für die Branchen-Fachbesucher eine Präsenzveranstaltung im Herbst 2021?
Die Motek ist nicht nur eine Traditionsmesse, sondern auch ein Spiegel der aktuellen Technologien und Entwicklungen in der Automation. Ich finde es wichtig, dass die Afag dort vertreten ist, weil wir als innovativer Anbieter von Komponenten und Lösungen in der Automatisierung dazu einen wichtigen Beitrag leisten können. Natürlich ist die Unsicherheit nach der Pandemie und die Lage zum Start der Messe bei vielen Unternehmen vorhanden. Die Auftritte sind daher bei manchen vielleicht etwas kleiner als sonst. Aber es ist wichtig, dabei zu sein und auch im Sinne des Standortes Europa den wichtigen Dialog mit Kunden und Partnern wieder in Gang zu setzen.